20.05.2017: Grundrechtekomitee blockiert Atomwaffen-Stützpunkt

Etwa 20 Personen aus dem Bündnis „Bonn goes Büchel“ und den Umfeldern des Grundrechtekomitees, von pax christi, des Versöhnungsbundes, des Bonner Friedensbündnisses, von Anti-Atom Bonn und der solid-Jugend blockierten am 20. Mai 2017 ab 10.00 Uhr das Haupttor der Atomwaffenbasis in Büchel. Transparente, Fahnen und mit Straßenkreide neu geschaffene Kunstwerke wiesen auf unser Protestanliegen der nuklearen Abrüstung hin. Das sonnige Wetter war auf unserer Seite: „Die Sonne scheint, das ist das Zeichen, die Atombomben müssen alle weichen!“
Die Kreisverwaltung Cochem hatte vorab die auf der Büchel-Seite eingetragene Kontaktperson für diesen Aktionstag gegen dessen Willen zum Versammlungsleiter bestimmt. Da sich die Polizei aber zurückhielt und nur darauf hinwies, dass der Verkehr um den Kreisel vor dem Haupttor weiterlaufen müsse und wir uns nicht gefährden sollten, kam es zu keinen versammlungsrechtlichen Auseinandersetzungen. Im Falle einer Räumung könnten Versammlungsleitende die Versammlung auflösen, so dass es sich dann bei einer Aktionsfortsetzung um eine Spontanversammlung handeln würde.
Von den im Kreisel an uns vorbeifahrenden Personen wurden teils deutliche Sympathie, teils auch Unverständnis gegenüber unserer Aktion signalisiert. Am Haupttor hatten die Bundeswehrsoldaten ein Schild installiert, das es letztes Jahr noch nicht gab: „Haupttor heute geschlossen.“ Darunter folgt ein (auswechselbares) Hinweisschild auf ein Ausweichtor.
Marion Küpker von der Kampagne „Gewaltfreie Aktion Atomwaffen abschaffen“ erläuterte in einer Einführung die Funktionsweise des Atomwaffenstandortes und informierte über die geplante „Modernisierung“, die in Wirklichkeit eine Neustationierung zielgenauerer Atombomben bedeutet. Insgesamt werden alle ca. 180 in Europa im Rahmen der nuklearen Teilhabe der NATO lagernden Atombomben ab 2020/2024 (die Datenangaben variieren) durch neue B 61-12 ersetzt. Dies steht im Kontext einer generellen „Modernisierung“ der Nuklearstreitkräfte der USA, die in Kooperation mit dem in Aufbau befindlichen Raketenabwehrschirm in Osteuropa deutlich Richtung Erlangung von Erstschlagskapazität weist.
Im Plenum der Gruppe, die später auf bis zu 30 Personen anwuchs, wurde mehrfach über die aktuelle Bedrohungssituation diskutiert, und es wurden eigene Sichtweisen und Erfahrungen ausgetauscht. Eine Rede von George Lee Butler, langjähriger Oberbefehlshaber der US-Nuklearstreitkräfte, die dieser nach seiner „Konversion“ vor einer kanadischen Friedensorganisation 1999 gehalten hatte, wurde vorgetragen. Er bedauert in der Rede, dass das „Fenster der Gelegenheit“ 1990/91 nicht genutzt wurde, um einen klaren Abrüstungskurs einzuschlagen. Die Gruppe beriet später und am Ende der Aktion über verschiedene Aktionsmöglichkeiten, den Widerstand gegen die alten und neuen Atombomben auch zu Hause zu verstärken.
Holger erinnerte in einem Redebeitrag an den 1952 in Essen bei einer verbotenen Demonstration gegen den Aufrüstungskurs der damaligen Bundesregierung von der Polizei erschossenen 21-jährigen Philipp Müller. Es gelte, Erinnerungskultur auch in der Friedensbewegung stärker zu verankern. Holger erinnerte auch an die aktuellen Opfer des kurdischen Widerstands.
Im Laufe des Tages besetzten die AktivistInnen auch die anderen Tore der Todesbasis, bis schließlich zeitweise sämtliche Tore blockiert waren. Die Polizei ließ sich noch ein paar Male sehen, griff aber nicht ein, hatte auch dafür nicht genügend Kräfte vor Ort. Die Feldjäger tauchten jeweils kurz nach Besetzung eines anderen Tores von innen vor den jeweiligen Toren auf, wohl um Eindringaktionen zu verhindern. Ebenfalls wurden Leute, die das Gelände umwanderten, vom Inneren der Basis aus von Feldjägern begleitet.

Nach einem Abschlussplenum, in dem die Erfahrungen des Tages kurz reflektiert und ausgetauscht wurden, ging es wieder nach Hause. Effektiver wäre diese Blockadeaktion natürlich an einem Werktag gewesen, aber da in unserer Gruppe fast alle berufstätig sind, hätten dann nicht genügend Personen teilnehmen können. Wir sehen unsere Aktion eingebettet in die Strategie der 20-wöchigen Blockadeaktion, die insgesamt eine starke politische Auswirkung hat. Wir bleiben dran.
Martin Singe, pax christi Bonn, Komitee für Grundrechte und Demokratie.